Die Waldschnepfe: heimlicher Bewohner des Waldes
Die Waldschnepfe (Scolopax rusticola) ist ein heimlicher Waldbewohner, der den meisten Menschen verborgen bleibt. Wer das Glück hatte, eine Waldschnepfe im Flug im Anblick zu haben, wird von der eigenwilligen Dynamik ihres Fluchtfluges sofort in den Bann gezogen.
Lebensraum und Verbreitung
Die Waldschnepfe bevorzugt feuchte, strukturreiche Wälder mit dichtem Unterwuchs. Typische Lebensräume sind Laub- und Mischwälder, aber auch Feuchtgebiete und Heckenlandschaften. In Deutschland kommt sie hauptsächlich als Zugvogel vor, der im Herbst in wärmere Regionen zieht und im Frühjahr zurückkehrt.
Waldschnepfen sind auf dem europäischen Kontinent weit verbreitet. Sie brüten in weiten Teilen Europas und Asiens, bevor sie im Winter in die Mittelmeerländer und Nordafrika ziehen
Aussehen und Merkmale
Die Waldschnepfe ist durch ihr Federkleid aus Braun-, Grau- und Schwarztönen Gefieder optimal an ihren Lebensraum angepasst und dadurch nahezu unsichtbar.
Mit einer Körperlänge von etwa 33–38 cm, einer Flügelspannweite von 55–65 cm und einem bis zu 8 cm langen, geraden Schnabel ist sie ein mittelgroßer Vogel. Zum Vergleich: Sie ist etwa so groß wie eine Amsel, wirkt jedoch durch ihren langen Schnabel und den rundlicheren Körper etwas gedrungener. Der lange Schnabel dient der Waldschnepfe als Werkzeug, um im weichen Boden nach Nahrung zu stochern.
Lebensweise und Verhalten
Waldschnepfen sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber ruhen sie gut getarnt am Boden und werden erst bei Einbruch der Dämmerung aktiv. Auf Nahrungssuche gehen sie in der Dämmerung oder bei Nacht und stochern dabei mit ihrem Schnabel nach Regenwürmern, Insektenlarven und kleinen Schnecken.
Eine Besonderheit der Waldschnepfe ist der sogenannte Schnepfenstrich, bei dem die Männchen während der Balzzeit in langsamen Flügen über das Revier fliegen und dabei charakteristische Geräusche von sich geben. Diese Balzflüge finden in der Dämmerung statt und sind für Jäger oft das einzige Anzeichen der Anwesenheit dieser scheuen Vögel.
Fortpflanzung und Brut
Die Waldschnepfe brütet zwischen März und Juli. Sie legt in einer gut getarnten Mulde im Unterholz meist vier Eier, die von der Henne allein bebrütet werden. Die Brutdauer beträgt etwa drei Wochen, und die Küken sind Nestflüchter – das heißt, sie verlassen das Nest bereits kurz nach dem Schlüpfen und folgen der Mutter auf Nahrungssuche.
Die Henne führt die Jungvögel durch den Wald, bis sie nach etwa drei Wochen flugfähig sind. In dieser Zeit sind sie besonders anfällig für Raubwild, was das Überleben der Jungvögel oft erschwert.
Leicht zu verwechseln
Die Waldschnepfe ist leicht mit der Bekassine zu verwechseln, eine beliebte "Falle" von Prüfern bei der Jägerprüfung. Am einfachsten ist die Unterscheidung auf dem Kopf: Bei der Schnepfe ist dieser quer, bei der Bekassine (auf der Abbildung) längs gebändert.
Jagdliche Bedeutung
Die Waldschnepfe hat eine lange Tradition in der europäischen Jagdkultur. Ihre Bejagung gilt als besonders anspruchsvoll, da sie ein sehr scheuer und flinker Vogel ist, dessen unberechenbaren Fluchtflüge einen geübten Umgang mit der Flinte erfordern. Zusätzlich ist ein gut ausgebildeter Jagdhund unerlässlich, um die Vögel im dichten Wald aufzuspüren und nach dem Schuss zu apportieren.
In Deutschland ist die Frühjahrsjagd auf Schnepfen seit 1977 verboten, um die Brutbestände zu schützen. Die meisten Waldschnepfen werden heute zufällig während Treibjagden im Wald oder beim Buschieren mit dem Hund erlegt.
Besondere Delikatesse: „Schnepfendreck“
Die Waldschnepfe ist nicht nur wegen ihrer jagdlichen Herausforderung begehrt, sondern auch aufgrund ihres Fleisches, das als Delikatesse gilt. Ein besonderes Kuriosum in der Jagdküche ist der sogenannte „Schnepfendreck“, eine alte Zubereitungsweise des Darmtrakts der Schnepfe, der in früheren Zeiten als besondere Delikatesse galt.